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Fremde Feder #4

Freitag, 23. Dezember 2011 19:42

Mitmensch, wie hältst du es mit der Sprache?

Liebe Mitmenschen,

etwa alle zwei oder drei Jahre müssen wir vom TÜV überprüfen lassen, ob unser Auto noch verkehrssicher ist. Ob noch alles gut funktioniert im Motor. Ob unser geliebtes Fortbewegungsmittel uns nicht so ins Schleudern bringen könnte, daß wir mit ihm uns und andere totfahren. Wenn wir schön artig zur Inspektion gefahren sind, macht uns diese Kontrolle nichts aus. An kleinen oder größeren Reparaturen kommen wir im Laufe eines Autolebens nicht vorbei, dafür müssen wir blechen, Blech für Blech, das ist normal. Wenn sich keine Ausbesserung mehr lohnt oder ein Unfall zum Totalschaden führt, wird die ganze Verbrennungsmaschine einfach weggeworfen, verschrottet.

Auch andere Geräte, die wir im Haushalt oder für unsere Bequemlichkeiten benutzen, müssen gepflegt und gewartet werden. Waschmaschine, Geschirrspüler, Tiefkühltruhe, Heißlüfter, Computer und andere Hilfsmittel unserer komplizierten Lebensführung halten nicht ewig, werden bei Versagen repariert oder durch neue ersetzt. Nur unser wichtigstes Gerät, das uns erst zum Menschen macht, nur die Sprache, liebe Mitmenschen, soll ein Leben lang so gut in Schuß sein, wie wir es als Kinder in der Familie und danach in der Schule gelernt haben. Zwar kommen wir nicht umhin, unsere Sprache den Erfordernissen unseres Berufes anzupassen. Dabei lernen wir diese oder jene Fachsprache. Aber als Generalisten der Sprache, als Menschen schlechthin sind wir auf Zufälle und eigenen Antrieb angewiesen, wenn unsere Sprache nicht verkommen soll. […]

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Fremde Feder #3

Samstag, 8. Oktober 2011 19:28

Alle Macht den Moderatoren?

In welcher Epoche wir leben? Aber das wissen wir doch längst. Mit einer einzigen Bezeichnung ist sie zwar nicht zu fassen, doch wir Menschen, jedenfalls viele von uns, haben ja auch mehrere Vornamen. Die oft wenig oder gar nichts miteinander zu tun haben. Wie sollte es da bei einer Epoche anders sein? Ihre wichtigsten Namen sind: das technische Zeitalter, das Zeitalter der Massen und die Postmoderne.

Das technische Zeitalter begann, ohne dass es den Zeitgenossen schon bewusst war, mit dem Siegeszug der Eisenbahnen und entwickelte sich in rasantem Fortschreiten bis zur heutigen, der atomaren Stufe. Dabei wurde der Mensch vom Beherrscher der Technik immer mehr zu ihrem Beherrschten, ihrem Untertan. Wie schon Mephisto in der Schülerszene vorausgesagt hatte, wurde aus der Wohltat Plage.

Von einem Zeitalter der Massen wird gesprochen, seit es Gustave Le Bon 1895 in seinem Standardwerk »Die Psychologie der Massen« [franz.: »La psychologie des foules«] so getauft hat. Seine Thesen sind in vielen Fällen noch heute nicht überholt, und ähnlich verhält es sich mit dem »Aufstand der Massen« [»La rebellion de las massas«] von Ortega y Gasset.

Die Postmoderne wiederum setzte ein, als einerseits dem Avantgardismus als Vorhut der Moderne mit seinem Hang zum Extremen und zur Exklusivität eine Breitenwirkung versagt blieb, andererseits die Klassiker der Moderne in den Status zeitloser Geltung erhoben wurden, stilistisch durchaus erkennbaren Formen verpflichtet. Unter dem Deckmantel »Postmoderne« aber hat sich ein stilistisches Chaos breitgemacht, in dem, künstlerisch jedenfalls, jeder machen kann, was er will. […]

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